Gewalt und Missbrauch in der Evangelischen Kirche
Ergebnisse der ForuM-Studie
Im Januar hat der Forschungsverbund „ForuM – Forschung zur Aufarbeitung von sexualisierter Gewalt und anderen Missbrauchsformen in der Evangelischen Kirche und Diakonie in Deutschland“ die Ergebnisse veröffentlicht.
Forschende aus verschiedenen wissenschaftlichen Disziplinen (Soziale Arbeit, Geschichtswissenschaft, Erziehungswissenschaft, Psychologie, Soziologie, forensische Psychiatrie, Sexualwissenschaft, Kriminologie) haben untersucht, welche Strukturen und Bedingungen in der evangelischen Kirche sexualisierte (und andere) Formen der Gewalt und Missbrauch begünstigen, verdecken und wie damit umgegangen wird. In fünf Teilprojekten haben die Wissenschaftler*innen daran gearbeitet:
- Evangelische Spezifika: Kirche und Gesellschaft
- Organisation und Person: systemische Bedingungen und die Praxis der Aufarbeitung (sexualisierter) Gewalt
- Perspektiven Betroffener
- Die Perspektive Betroffener auf Strukturen der evangelischen Kirche und deren Nutzung durch Täter*innen
- Kennzahlen und Umgang – Kennzahlen zur Häufigkeit des sexuellen Missbrauchs im Bereich der evangelischen Kirche in Deutschland und Merkmale des institutionellen Umgangs mit Missbrauchsvorwürfen.
Die Ergebnisse zeigen, welche Phänomene Gewalt und Missbrauch in der evangelischen Kirche begünstigen und die Aufarbeitung verhindern: Verantwortung wird nicht eindeutig zugeordnet oder nicht übernommen, Konflikte werden vermieden und einem allgemeinen Bestreben nach Harmonie untergeordnet. Betroffene Personen werden als Störer*innen behandelt und ihre legitimen Interessen abgewertet. Es gibt nur unzureichendes Verständnis über grenzverletzendes Verhalten und einen mangelhaften Umgang mit auffälligem Verhalten. Die Macht von Pastor*innen wird kaum hinterfragt. Landeskirchliche Strukturen werden für Betroffene zum unüberwindbaren Hindernis beim Wunsch nach Aufarbeitung. Gleichzeitig gelten evangelische Räume als gewaltfrei, kinderfreundlich und sicher.
Die Studie benennt außerdem, dass es sich aufgrund von uneinheitlicher Dokumentation und unzureichender Übermittlung von Daten an die Forschenden nur um die „Spitze der Spitze des Eisbergs“ an Fällen handele.
Was es nun braucht, ist ein grundlegender struktureller und kultureller Wandel in der Kirche. Dazu gehört, sensibel zu werden für die Macht, die auch in unseren Gemeinden ausgeübt wird. Dazu gehört auch, die Räumlichkeiten so zu gestalten, dass es Täter*innen erschwert wird, Gewalt auszuüben. Und allem voran gilt es, Betroffene zu hören und ihre Bedürfnisse zu achten.